Chancen und Grenzen von KI: Worauf wir nicht verzichten sollten

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Die Frage „Pro“ oder „Contra“ KI ist falsch gestellt. KI kann unser Leben in vieler Hinsicht erleichtern. Was wir uns aber fragen müssen ist, welchen Stellewert, welche Aufgabe und Funktion KI in unserem Leben, in der Arbeitswelt und in der Gesellschaft haben soll. 

Zugespitzt: Soll sie eine assistierende Funktion haben, oder eine den Menschen ersetzende? Worauf wollen wir auf keinen Fall verzichten? 

Wir müssen uns im Grunde mit anthropologischen und philosophischen Fragen auseinandersetzen: Was ist der Mensch, was macht ihn aus? Was macht das Menschliche aus? – Unsere Vernunft?  - Oder sind es (auch) andere Kategorien, die für unser Bild vom Menschen unverzichtbar sind? Der Mensch ist ein soziales Wesen. Wir verfügen über Resonanzfähigkeit und die Fähigkeit zur Verantwortungsübernahme. Aus unserer grundsätzlichen Verletzlichkeit leitet sich der Imperativ einer Sorge-Ethik ab. Für den Menschen ist das Bedürfnis, gebraucht zu werden, konstitutiv, eine anthropologische Konstante, wie Klaus Dörner, Psychiater und Sozialreformer es formulierte. Daneben erinnert uns der Soziologie Hartmut Rosa an die Unverfügbarkeit unseres Seins und leitet Schlüsse für ein gelingendes Leben daraus ab.

Es sind diese Themen, die künftig direkten Eingang in die Arbeitswelt finden werden (müssen): Angesichts des Fachkräftemangels und der demographischen Situation geht es darum, die Arbeitswelt in einer Weise zu gestalten, dass sie ein lebenswerter Teil unseres Lebens ist. Sie muss am Menschen und entwicklungsorientiert sein, geprägt von einer wertschätzenden, fördernden, inspirierenden und partizipativen Organisationskultur. Interpretationsprozesse und Entscheidungshoheit müssen dem Menschen überlassen bleiben. Dabei gilt es insbesondere im Hinblick auf die Generation Z, Arbeit Sinn-haft zu gestalten. 

Bei all dem handelt es sich um Führungsthemen. Frithjof Bergmann hat dies im Ansatz von „New Work“ (Neue Arbeit, neue Kultur. (2017). Freiamt: Arbor) bereits in den 70er und 80er Jahren beschrieben. Caring economics und caring corporate policies wurden von Riane Eisler (The Real Wealth of Nations. (2008). Creating a Caring Economics. San Francisco: Berrett-Koehler) als Alternativen zu einem neoliberalen Wirtschaftsverständnis entwickelt. Es mangelt uns also nicht an Ideen und innovativen Konzepten. 

Wenn wir sie konsequent umsetzen, findet sich die Funktion von KI nahezu von selbst: assistierend, unterstützend – bereichernd. 

 

Prof. Dr. Dr. Silvia Hedenigg
Professorin für Soziale Arbeit an der Theologischen Hochschule Friedensau 

Sie lehrt an den B.A. Studiengängen „Soziale Arbeit“ und „International Social Work“ sowie an den Masterstudiengängen „Development Studies“, „Counseling“ und „Musiktherapie“.