Psychisch stark in die Zukunft blicken, aber wie? Diesen Oktober findet wieder die Woche der Seelischen Gesundheit statt – eine besondere bundesweite Aktionswoche, die das Bewusstsein für psychische Gesundheit stärkt und zur Enttabuisierung seelischer Belastungen beiträgt. Auch wir als Zukunftszentrum Digitale Arbeit Sachsen-Anhalt möchten zu diesem Anlass einen Impuls setzen: Denn gerade im stetigen Digitalen Wandel erleben viele Beschäftigte neue Formen von Stress, die oft unterschätzt werden. Unser Blogbeitrag beleuchtet typische digitale Stressoren im Arbeitsalltag und zeigt praxisnahe Strategien zur Bewältigung auf – speziell für kleine und mittlere Unternehmen in Sachsen-Anhalt.
Im Online-Meeting sitzen, nebenher das überquellende E-Mail-Postfach checken und Chat-Nachrichten beantworten, noch schnell ans klingelnde Telefon gehen – und sobald man aufgelegt hat, ist das Meeting schon fast vorbei und das nächste steht direkt an. Für viele Beschäftigte gehören solche Szenen heutzutage zum Arbeitsalltag dazu wie der morgendliche Kaffee. Nicht selten werden solche Erfahrungen sogar als Merkmale für hohe Produktivität interpretiert. Dabei deuten sie vielmehr auf Arbeitsweisen hin, die enorme Belastungen und ein hohes Maß an Stress erzeugen. Bei durch den Umgang mit digitalen Medien ausgelösten Stressreaktionen spricht man von Digitalem Stress.
Dieser ist schon heute für große Schäden, sowohl gesundheitlich als auch wirtschaftlich, verantwortlich. Allein durch die benötigte Re-Fokussierungszeit bei Unterbrechungen während der Arbeitszeit verlieren Beschäftigte im Schnitt drei volle Tage pro Monat. Das kostet deutsche Unternehmen jedes Jahr rund 58 Mrd. Euro. Die Folgekosten durch stressbedingte Personalausfälle sind dabei noch nicht einmal mit einbezogen (1).
Digitale Stressoren und Strategien zur Bewältigung
Im Folgenden wollen wir Ihnen drei der häufigsten Auslöser für Digitalen Stress und mögliche Gegenmaßnahmen vorstellen:
1.) Überflutung/Informationsflut
Das Problem: Ständig erreichen uns neue Informationen, zum Beispiel wenn wir jeden Tag durchschnittlich 42 E-Mails an unser berufliches E-Mail-Postfach geschickt bekommen (2) oder während einer (Online-)Besprechung nebenher über andere Kanäle kommunizieren. Das menschliche Gehirn kann diese Masse an Informationen allerdings nicht verarbeiten. Das führt zu Stress.
Gegenmaßnahmen: Anstatt während eines Meetings direkt auf neue (meist nicht wirklich dringende) E-Mails und Chat-Nachrichten zu reagieren, kann es schon helfen, alle Apps, Programme und Browser-Tabs, die gerade nicht benötigt werden, zu schließen, um sich besser auf die Inhalte der Besprechung zu konzentrieren. Mono- statt Multi-Tasking! Das senkt nicht nur das eigene Stresslevel, sondern macht insbesondere Online-Meetings für alle produktiver.
2.) Unterbrechungen
Das Problem: Nicht nur die bereits genannten 42 E-Mails am Tag, sondern auch weniger digitale Unterbrechungen wie Anrufe oder Kolleg*innen, die an die Tür klopfen stören unseren Arbeitsfluss. Schnell gerät man in Zeitnot und reagiert nur noch, statt aktiv zu handeln. Nicht nur Unterbrechungen von außen spielen dabei eine Rolle. Auch der Impuls, ohne Anlass das E-Mail-Postfach zu öffnen oder das Smartphone zu entsperren, tragen dazu bei, dass sich unser Arbeitstag in immer kleinere Fragmente aufspaltet. Um sich nach einer Unterbrechung wieder auf die vorherige Aufgabe zu fokussieren, benötigt das Gehirn jedes Mal eine kurze Zeit und wir fühlen uns gestresst.
Gegenmaßnahmen: Kein Mensch kann jeden Tag acht Stunden lang fokussiert arbeiten. Schon ein oder zwei Stunden, die wir uns jeden Tag gezielt nehmen, um ungestört zu arbeiten, können allerdings einen großen Teil dazu beitragen, dass wir uns weniger unterbrechen lassen und vom reaktiven wieder zurück ins aktive Handeln kommen. Während solcher Fokuszeiten sollten alle Geräte, Tabs und Programme, die uns ablenken könnten, ausgeschaltet, geschlossen, auf „Nicht Stören“ gestellt und/oder weggelegt werden. Geblockte Zeitfenster im geteilten Dienst-Kalender oder ein entsprechend gesetzter Status in der Kommunikations-App des Unternehmens zeigen den Kolleg*innen, dass Unterbrechungen im Moment nicht erwünscht sind.
3.) Ständige Erreichbarkeit
Das Problem: Fast immer und überall erreichbar zu sein, ist Fluch und Segen zugleich. Während die Möglichkeit, zeit- und ortsunabhängig zu arbeiten, viele Beschäftigte entlastet, wächst bei einigen zugleich der Druck, auch außerhalb der Arbeitszeiten erreichbar zu sein und dienstliche E-Mails nach Feierabend und am Wochenende zu bearbeiten. Knapp ein Viertel tun dies sogar im Urlaub (3). Die Folge: Ständige Alarmbereitschaft, verkürzte Erholungszeiten, Verschmelzung von Arbeits- und Freizeit ("Work-Life-Blending") – und letztendlich vor allem: mehr Stress!
Gegenmaßnahmen: Vor allem bei der mobilen Arbeit ist es wichtig, den Arbeitstag bewusst zu beenden. Nur den Laptop zuzuklappen, reicht dazu häufig nicht aus. Unser Tipp: ein bewusster Feierabend durch feste Routinen, z.B. Wohnung durchlüften, Klamotten wechseln, spazieren gehen oder eine Tasse Tee trinken. Dadurch wird der Kopf schneller frei von Arbeits-Themen und man kommt gar nicht erst auf die Idee, abends noch mal die E-Mails zu checken.
Führungskräfte nehmen in Bezug auf Digitalen Stress eine Schlüsselrolle ein. Werden E-Mails auch mal spät abends oder am Wochenende verschickt, ohne einen klaren (und ernst gemeinten) Hinweis darauf, dass selbstverständlich keine Bearbeitung vor Beginn der regulären Arbeitszeit erwartet wird, nehmen Belastung und Stress im Team schnell zu. Gehen sie dagegen mit gutem Beispiel voran, z.B. indem sie in Besprechungen keine E-Mails beantworten und Anrufe entgegennehmen, motivieren sie andere, ebenfalls fokussierter bei der Sache zu bleiben – und sorgen damit für gesündere Mitarbeitende und produktivere Meetings.
So helfen wir Ihnen, (Digitalen) Stress zu reduzieren und gesünder zu arbeiten
Digitaler Stress ist weit verbreitet und kann sowohl kurz- als auch langfristig große Schäden für Gesundheit und Wirtschaft nach sich ziehen. Um als Unternehmen zukunftsfähig zu bleiben, ist es daher enorm wichtig, die eigene Resilienz zu stärken. Wir unterstützen Sie und Ihr Team mit Workshopangeboten dabei, auf struktureller wie individueller Ebene Stressoren zu reduzieren und ausreichend Erholung zu ermöglichen. Unsere kostenfreien Angebote in der Kategorie: „Digitales Arbeiten & Gesundheit“ sind hier zu finden und wir können diese individuell auf die Bedürfnisse in Ihrem Unternehmen zuschneiden.
David Jordan
Beratung, Beratung und iQK-Workshops, Arbeit und Leben Sachsen-Anhalt
Quellen:
(1) Starker, V., & Next Work Innovation Think Tank. (2022). Konzentration und Produktivität in der Wissensarbeit: Tagebuchstudie zu Arbeitsunterbrechungen und Produktivität. Next Work Innovation. Zur Studie
(2) Wiez, M., & Lesner, F. (2023). Berufliche Mail-Postfächer werden immer voller. Bitkom e.V. Zur Pressemitteilung
(3) Ustinova, M. (2022). Studie: 15 Tage Urlaub, um sich zu erholen. SD Worx. Zur Studie